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Medienmitteilung 11. September 2024: Allianz für sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen

Ärztinnen und Ärzte alarmieren: Schweizer Gesundheitsversorgung nicht gefährden

Die «Allianz für sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen» aus 29 Fachgesellschaften und Berufsorganisationen, die über 10’000 Ärztinnen und Ärzte vertreten, warnt eindringlich vor den Folgen der neuen ambulanten Pauschalen Version 1.1: Diese gefährden die Versorgungssicherheit. Die Allianz erläutert in einem offenen Brief, weshalb die Version 1.1 der ambulanten Pauschalen so nicht eingeführt werden kann.

Im offenen Schreiben appellieren wir direkt an den Bundesrat: Wir fordern das Gremium auf, die gesetzlich vorgegebenen Tarifgestaltungsgrundsätze einzuhalten, den Pauschalen-Entscheid vom Sommer 2024 zu revidieren und die notwendigen Schritte für eine umfassende Überarbeitung der ambulanten Pauschalen aufgrund einer adäquaten und transparenten Berechnung in die Wege zu leiten. Gleichzeitig fordern wir die «Organisation ambulante Arzttarife» (OAAT) auf, ihren Auftrag vollständig, transparent und in direkter Zusammenarbeit mit der betroffenen Ärzteschaft auszuführen.

Ambulante Pauschalen können, wenn sie richtig ausgestaltet und berechnet werden, zu einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen beitragen. Daher setzt die Allianz sich dafür ein, dass sie medizinischen Kriterien folgen. Die Version 1.1 wurde von der OAAT ohne Einbezug der Ärzteschaft erstellt.

Kosten werden steigen, statt sinken.

Die Absicht des Bundesrates, TARDOC und Pauschalen gleichzeitig in Kraft zu setzen, wird nicht zur angestrebten Kostensenkung beitragen. Im Gegenteil: Da diesen Pauschalen ausschliesslich Daten aus dem kostenintensiven spitalambulanten Bereich zugrunde liegen, besteht ein erhebliches Risiko einer Kostensteigerung. Uns geht es darum, vor der Einführung eines Systems mit strukturellen Fehlern zu warnen, das zum Nachteil aller ist. Einige der unterzeichnenden Ärztinnen und Ärzten könnten mit diesen Pauschalen möglicherweise sogar besser abrechnen, jedoch wäre es Ärztinnen und Ärzte diverser Fachgebiete (wie beispielsweise die Anästhesie und Kinderchirurgie) nicht mehr möglich, wirtschaftlich zu arbeiten.

Falsche Daten, unnötige Zeitnot.

Die den Pauschalen zugrunde liegenden Daten sind unzureichend und haben zu einer verzerrten Kostenkalkulation geführt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte in seinem Prüfbericht vom 19.06.2023 gravierende Mängel in der Entwicklung dieser Pauschalen geltend gemacht. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der Bundesrat die Schlussfolgerungen des federführenden Amtes bei der Genehmigung der 119 ambulanten Pauschalen im Juni 2024 offenbar ausser Acht gelassen hat. Inakzeptabel ist ferner die Argumentation der für die Version 1.1 verantwortlichen OAAT, dass aus zeitlichen Gründen keine inhaltlichen Änderungen gemacht werden können.

Die Grundversorgung darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Als Medizinerinnen und Mediziner weisen wir darauf hin: Diese Pauschalen widerspiegeln in keiner Weise die medizinische Realität. Sie fassen Behandlungen zusammen, welche komplett unterschiedlich betreffend den zeitlichen Aufwand, dem involviertem Personal sowie der benötigten Apparaturen und Medikamente sind. Die Folgen wären für Patientinnen und Patienten problematisch: Einige dieser untauglichen Pauschalen führen dazu, dass bestimmte Leistungen nur noch in öffentlichen Spitäler angeboten werden könnten. Die Patientinnen und Patienten müssten länger auf ihre Behandlung warten – und die Spitäler würden noch defizitärer werden.

Die überstürzte Einführung untauglicher ambulanter Pauschalen gefährdet die Existenz zahlreicher Arztpraxen, setzt Spitäler unter Druck und würde die Patientenversorgung gerade in ländlichen Gebieten massiv einschränken. Davon ist das gesamte Gesundheitssystem betroffen.

Prof. Dr. med. Michele Genoni, Präsident der FMCH, betont: «Wir Medizinerinnen und Mediziner lehnen dieses Pauschalenwerk ab. Es gefährdet die Qualität und Zugänglichkeit der medizinischen Versorgung unserer Patientinnen und Patienten. Der Bundesrat und die OAAT haben es in der Hand, unter Einbezug der Ärzteschaft sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen zu erarbeiten.»

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