Allianz für sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen
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Update zu ambulanten Pauschalen
Informationsschreiben an die Allianz nach DV FMH vom 26.09.2024
Einschätzungen von Vertretern der SGK-N haben gezeigt, dass der Bundesrat bzw. das EDI den getroffenen Entscheid nicht revidieren wird. Durch unseren offenen Brief bzw. die mediale Berichterstattung wurde aber ein vorher in dieser Form nicht vorhandenes Verständnis für die Problematik und unser Anliegen geschaffen, wobei eine Kompromissbereitschaft der Ärzteschaft und ein konkreter Vorschlag zur Zusammenarbeit mit der OAAT ein wichtiges Signal für eine politische Unterstützung darstellt.
Die FMCH hält fest, dass die Einführung eines neuen Tarifsystems nur über einen Weg, der alle Betroffenen berücksichtigt, möglich ist. Wie die «Allianz für sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen» in ihren Schreiben betont, sind unsere Fachgesellschaften nach wie vor bereit, die OAAT kompetent und proaktiv in der Überarbeitung der ambulanten Pauschalen zu unterstützen.
Am Donnerstag, dem 27.09.2024, fand die DV der FMH statt, an welcher die Haltung der FMH innerhalb des Verwaltungsrates der OAAT AG bezüglich des Tarifsystems definiert wurde. Die FMCH konnte an der Versammlung die Bedürfnisse der Fachgesellschaften aufzeigen und sich kooperativ und zum Wohle der gesamten Ärzteschaft positionieren. Zur Abstimmung gebracht wurde ein Vorschlag der FMH, welcher aus der Genehmigung des Gesamtpakets (TARDOC & ambulante Pauschalen) unter Einbezug von flankierenden Massnahmen (Übergangsbestimmungen) bestand.
Flankierende Massnahmen: Ziel der flankierenden Massnahmen ist es, eine schnelle Anpassung der Pauschalen an die tatsächlichen Kosten sicherzustellen, die Transparenz zu erhöhen und die
Fachgesellschaften in die Weiterentwicklung einzubeziehen.
Sie beinhalten folgende Punkte:
- Die Weiterentwicklung der ambulanten Tarife (TARDOC und ambulante Pauschalen) erfolgt künftig innerhalb der OAAT AG auf einer ausreichenden Datengrundlage und unter Einbezug der medizinischen Fachgesellschaften.
- Alle im Gesamtpaket enthaltenen und genehmigten Pauschalen, welche per 1. Januar 2026 in Kraft treten sollen, werden im Jahr 2025 unter Einbezug der medizinischen Fachgesellschaften überarbeitet, sodass die überarbeitete Fassung per 1. Januar 2027 in Kraft treten kann.
- In der Übergangsfrist 01.01.2026 bis 01.01.2027 soll zusätzlich Folgendes gelten:
- Die OAAT AG soll pro Pauschale den jeweiligen durchschnittlichen Anteil der Kostenkomponenten (in Franken oder Taxpunkten) ausweisen (Arzneimittel, Medizinprodukte, Pathologie- und Laborleistungen, Arztleistungen).
- Übersteigt die effektive Anwendung der durchschnittlichen vorgesehenen Kostenkomponenten diese um mehr als das Doppelte, soll der Restbetrag
zusätzlich zur Pauschale als Zusatzentgelt in Rechnung gestellt werden können.
- In der Übergangsfrist 01.01.2026 bis 01.01.2027 soll zusätzlich Folgendes gelten:
- Per 1. Januar 2027 treten keine weiteren zusätzlichen Pauschalen in Kraft. Zusätzliche Pauschalen können erst dann zur Genehmigung vorgelegt werden, wenn die ab 1. Januar 2026 in Kraft gesetzten Pauschalen überarbeitet worden sind.
- Gegenüber einzelnen ambulanten Pauschalen der OAAT besteht durch die Fachgesellschaften kein Vetorecht.
- Die Datengrundlage im Monitoring muss sicherstellen, dass im praxisambulanten Bereich die Leistungen der Haus- und Kinderärzte, sowie Psychiater und Kinderpsychiater nach TARDOC von spezialärztlichen Leistungen abgrenzbar und separat steuerbar sind im Rahmen der dynamischen Kostenneutralität.
- Allfällige Anpassungen der Pauschalen im Rahmen der Übergangsbestimmungen dürfen keine negativen finanziellen Auswirkungen auf die niedergelassenen Haus- und Kinderärzte, sowie Psychiater und Kinderpsychiater haben.
- Die Auswertung der Leistungen der Haus- und Kinderärzte, sowie Psychiater und Kinderpsychiater muss trotz der Einführung der Pauschalen und den Übergangsbestimmungen sichergestellt werden.
In einem Begleitbrief wird die FMH am 22.10.2024 diese flankierenden Massnahmen in die OAAT einbringen. Im Begleitbrief wird verlangt, dass die Pauschalen KVG konform, schachgerecht (homogen) und transparent sein müssen. Der Begleitbrief wird von Yvonne Gilli, den DV-Delegierten zur Vernehmlassung unterbreitet.
Diese flankierenden Massnahmen stellen den grösstmöglichen Kompromiss dar, den wir einzugehen gewillt sind, um die nötige politische Rückendeckung zu erhalten, wenn es bei der (wie erwähnt gesetzten) Einführung der Pauschalen zur Fortsetzung unseres Engagements für sachgerechte und praxistaugliche Pauschalen kommt.
Die DV FMH hat dieser Vorlage inkl. flankierenden Massnahmen einstimmig zugestimmt, damit die FMH die Verhandlungen mit der OAAT mit einer geschlossenen Ärzteschaft im Rücken antreten kann. Die flankierenden Massnahmen nehmen zentrale Forderungen unserer Fachgesellschaften auf und erlauben eine Anpassung der ambulanten Pauschalen zu sachgerechten, transparenten und praxistauglichen Pauschalen.
Der VR der OAAT AG muss diesen flankierenden Massnahmen zustimmen, damit sie als Teil des Gesamtpakets eingereicht werden können. Sollte die OAAT AG diese flankierenden Massnahmen ablehnen, hat die DV FMH noch keinen Entscheid für das weitere Vorgehen gefällt. Eine virtuelle DV FMH ist geplant um über die Haltung der FMH in diesem Fall zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass die OAAT die Möglichkeit hat, das Gesamtpaket mit 75 % Zustimmung (H+, curafutura,
santésuisse) einzureichen.
Die FMCH kämpft für ein faires, nachhaltiges und innovatives Gesundheitswesen, welches betriebswirtschaftlich ein hohes Mass an Versorgungsqualität und -sicherheit garantiert.
Beispiele für nicht praxistaugliche Pauschalen
Fallgruppe V1.1
Bezeichnung V1.1
Untauglichkeitsbeschrieb
C03.05Z
Spaltchirurgie: Restlochverschluss u. Operative Korrektur v. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
Dies umfasst eine sehr heterogene Vielzahl von Eingriffen. Nur die aller einfachsten können ambulant gemacht werden. Diese sollten nicht in dieser Liste erscheinen.
C03.10A
Eingriffe an Nasenhöhle u. Nasennebenhöhlen
Diese allumfassende Pauschale umfasst Kleinsteingriffe in der Nase mit Oberflächenanästhesie wie auch langdauernde Kieferhöhlenoperationen in Intubationsnarkose.
C03.15B / C03.15C
Kombinierte Ösophago- u. Bronchoskopie / Laryngoskopie mit Ösophago- od. Bronchoskopie
In ca. 50 % der Fälle wird in dieser Pauschale bei pathologischen Untersuchungen ein Krebs festgestellt. Dies fordert weitere teure molekularpathologische Genanalysen, welche zwingend vor einer Behandlung durchgeführt werden müssen.
C03.15A
Chir. Eingriffe am Hals
Ein Sammelsurium an Eingriffen von medianen Halszysten bis zur einfachen Wundversorgung, welche nie in einer Pauschale zusammengefasst werden können.
C03.25B
Sonstige Eingriffe an der Ohrmuschel bds. / Chir. Massnahmen an Haut, grossfl. od. Wundversorgung mit CT/MRI, mit Plexus-Anästhesie, od. Haut-Lappenhebung u. sonstige Eingriffe an Hautlappen
In ca. 90 % der Fälle wird in dieser Pauschale bei pathologischen Untersuchungen ein Krebs festgestellt. Dies fordert weitere teure molekularpathologische Genanalysen, welche zwingend vor einer Behandlung durchgeführt werden müssen.
C08.00A
Amputation mit Anästhesie d. Anästhesist/in
Je nach Art der Amputation ist eine solche ohnehin nicht ambulant möglich, aufwändig, risikoreich, auch sind Amputationen nicht selten bei polymorbiden Patientinnen oder Patienten nötig, was die Komplexität erhöht und ein ambulantes Setup nicht ermöglicht.
C08.33B
OSME an Tibia, Patella, Clavicula, Scapula od. Becken/ISG
Eine Metallentfernung an der Clavicula ist ambulant möglich und wird auch heute in der überwiegenden Zahl der Fälle ambulant vorgenommen. Die Entfernung aber von Platten und Schrauben zum Beispiel im Beckenbereich ist eine anders zu gewichtende Operation. Diese Pauschale ist inhomogen in Bezug auf medizinische Anforderung, den Eingriff durchzuführen, die hierfür benötigte Zeit, das inhärente perioperative Risiko, den Bedarf an Instrumentarium, Lagerung des Patienten oder Patientin.
C09.50A / C09.50B
Minimalinvasiv stereotaktische Eingriffe an Mamma / Minimalinvasiv vakuumassistierte Eingriffe an Mamma
In ca. 30 % der Fälle wird in dieser Pauschale bei pathologischen Untersuchungen ein Krebs festgestellt. Dies fordert weitere teure molekularpathologische Genanalysen, welche zwingend vor einer Behandlung durchgeführt werden müssen.
C11.72Z
Meatotomie
Meatotomie, wird bei Meatusstenosen gemacht, welche aber unter C11.30Z zu einem rund 1.7 höheren KG fallen.
C12.03A / C12.50A
Zirkumzision, offene Biopsie am Penis, Eingriffe bei Paraphimose u. sonstige Eingriffe am männl. Genital mit Anästhesie d. Anästhesist/in / Eingriffe bei Präputialadhäsionen od. Frenulotomie mit Anästhesie d. Anästhesist/in
Es ist mit der täglichen Erfahrung schwierig nachzuvollziehen, weshalb die Unterschiede im Kostengewicht nur 1.2 (5.854 gegenüber 4.631) betragen sollen. Der chirurgische Aufwand für zweiteres ist verschwinden klein, für ersteres auch nicht riesig aber doch bedeutend grösser.
C12.10A / C12.10B
Eingriffe bei Kryptorchismus od. Eingriffe bei Varikozele (offen, bds.) / Eingriffe bei Kryptorchismus, Eingriffe bei Varikozele (offen) od. Orchiektomie/Epididymektomie
Das sind zwei total verschiedene Eingriffe, welche nie unter die selbe Pauschale fallen können.
C13.21Z
Fraktionierte Curettage
Gebärmutterausschabung; geht es darum, Gebärmutterkrebs auszuschliessen oder zu verifizieren. Falls die pathologische Untersuchung des ausgeschabten Gewebes keinen schwierigen oder komplexen Befund ergibt, kostet sie im TARMED 250 CHF. Falls sie einen Krebs ergibt, müssen vor Therapiebeginn an diesem Krebs am ausgeschabten Gewebe pathologische Zusatzuntersuchungen durchgeführt werden. Das Ergebnis dieser Zusatzuntersuchungen bestimmt, wie die betroffene Frau individuell weiter behandelt werden muss. Bei diesen Zusatzuntersuchungen handelt es sich um teure molekularpathologische Genanalysen (sog. NGS, Next generation sequencing), die im Einzelleistungstarif TARMED 2’000 bis 3’000 CHF und im TARDOC voraussichtlich 1’600 bis 3’300 CHF kosten.
C14.40B
Äussere Wendung od. Entf. v. Zervix-Cerclage
Ein krasses Beispiel, wie zwei völlig unterschiedliche Prozeduren in einer Pauschale vereinigt werden, finden sich bei den geburtshilflichen Eingriffen an der Cervix. Bei einer äusseren Wendung, die durchschnittlich eine Stunde dauert, wird des Kindes wegen immer OP und Anästhesiebereitschaft erstellt, für die fünf bis zehnminütige Cerclagenentfernung wird keine Anästhesie benötigt.
C22.00B
Sonstige chir. Behandlung bei Verbrennungen
Auch dies ist ein sehr heterogenes Gebiet. Von einer Fingerbeere, welcher in die Geburtstagstorten-Kerze gehalten wurde, bis zu einer Verbrühung der ganzen Brust und des Bauchs fällt alles darunter. Es ist schlicht unmöglich, dies alles in einer einzigen Pauschale abzubilden.